3.+4. Woche

19Sept2017

你們好,

Ich wiederhole mich zwar, aber: die Zeit geht so schnell rum, dass ich gar nicht weiß, wann ich die Blogeinträge schreiben soll. Denn es kann ja gar nicht sein, dass schon wieder zwei Wochen um sind. Oder?

Auch wenn man drei Wochen Schulleben noch keinen Alltag nennen kann, merke ich doch, wie sich der das Leben ein bisschen entspannt und ich inzwischen ein gewisses Gottvertrauen entwickelt, was das Überholen von Autos und Überqueren von Straßen angeht. Ich war auch schon auf einem Nachtmarkt in Douliu, wo ich Bubble Tea (schwarzer Tee, mit Milch, Zucker und Kugeln, die ich nicht beschreiben kann) getrunken habe und den unfassbar abartigen Geruch von Stinky Tofu kennenlernen durfte. Nur zum Protokoll: Ich möchte kein Stinky Tofu probieren. Nicht weil ich nicht offen wäre, oder mich nicht auf die Kultur einlassen will, sondern einzig und allein darum, weil ich gar nicht wissen will, wie etwas schmeckt, dessen Geruch Würgereiz hervorruft und die Nasenschleimhäute verätzt. Ich vertraue einfach auf alle Austaschschüler vor mir, die ausnahmslos bestätigt haben, dass Stinky Tofu nicht schmeckt.

Nachtmarkt sehr viel Essen sehr viele Menschen

Einen Tag waren wir auch im Funpark, was für die japanische Austauschschülerin ein wahr gewordener Traum war. Ich fande das Schwimmbad unter dem Motto: Wickie und die Wikinger sehr toll, bis wir herausgefunden haben, dass man Badekappen tragen muss, das Wasser keine Abkühlung ist, weil es lauwarm ist und man nur mit Schwimmweste in den Nichtschwimmerbereich darf. Am Ende des Tages habe ich gesehen, dass ich einen Sonnenbrand habe, zusammen mit einer leichten Ekältung (zwischen 35° draußen und 23°C drinnen zu wechseln ist noch ungewohnt für mich) und meine Beine von Moskitos zerstochen wurden. An einem Unterschenkel habe ich 32 Mückenstiche gezählt und es wäre schon fast lustig, wenn ich nicht die Einzige in diesem Land wäre, auf die sich die Moskitos stürzen.

Riesenrad Aussicht aus dem Riesenrad Ich vor der tollen Aussicht

Als wir beim wöchentlichen Morgenappel eine Dreiviertelstunde in der brennenden Sonne gesessen haben, dachte ich schon, ich hätte schwitzen gelernt. Weil alle besorgt waren, dass wir umkippen (ich glaube ich war auch kurz davor), dürfen wir jetzt offiziell fehlen und in die Bibliothek gehen, wenn der Schulleiter die Schüler versammelt, um sie wegen ihren Haarschnitten und Uniformen anzuschreien. Doch dann haben uns unsere Eltern in die Berge wandern gebracht. Es wäre schließlich kühl in den Bergen, haben sie gesagt. Ich weiß nicht, ob kühl einfach etwas anderes für die Taiwanesen bedeutet, oder die 500.000 Stufen diesen Effekt etwas vernichtet haben, aber jetzt weiß ich, was für ein ekeliges Gefühl es ist, wenn man das T-Shirt immer und immer wieder vollschwitzt. Aber für die Aussicht hat es sich definitiv gelohnt. Es war so ein Dschungelbuch-Gefühl. Für die handgroßen Spinnen hat es sich nicht gelohnt. Ich bin einfach unauffällig schreiend drunterhergelaufen.

Und für die, die es noch nicht wissen: Wie unschwer zu erkennen, habe ich mir die Haare kurz geschnitten. Einfach, weil ich es schön finde und es hier in Taiwan einfach ist, als in Erwitte, aber gestern hat mich eine meiner Lehrerin gefragt, ob ich mich innerlich wie ein Junge fühle, oder warum ich mir die Haare abgeschnitten habe (und nein, ich bin weder transsexuell, noch lesbisch). Das hat meine Freude über meine Frisur dann doch etwas geschwächt.

 Meine Gasteltern sind immer noch toll. Sie lernen mit mir Chinesisch und versuchen manchmal Europäische Gerichte nachzukochen. Ich glaube zwar nicht, dass man italienische Nudeln mit Wurst und Käse überbacken in irgendeinem Kochbuch, das nicht für Studenten gemacht ist, wiederfindet, aber ich habe mich trotzdem riesig gefreut.

Meine Klassenkameraden sind auch toll.  Sie gehen mit mir zum Nachtmarkt und Schwimmen und holen mich immer aus dem Chinesisch Unterricht, wenn jemand von ihnen Geburtstag hat und es Kuchen gibt. Ein paar wollen mich in ein paar Tagen zum Mondfest nach Kaoshiung mitnehmen und ich hoffe wirklich, dass das mit meinen Gasteltern und den ganzen Formularen passt, denn aus dem Landleben herauszukommen, wäre auch mal ganz nett.

 Zum Schluss möchte ich alle aus Taiwan grüßen und betonen, dass, auch wenn sich manches ein bisschen pessimistisch anhört, ich sehr froh bin hier zu sein. Ich freue mich natürlich, wenn ihr mir Kommentare schreibt oder einfach meinen Blog lest.

Eure Elena