11. Woche

06Nov2017

Liebe Freunde, Verwandte und andere Interessierte,

ich kann es nicht fassen. Es ist November -November- und es ist immer noch jeden Tag über 20°C. Wie ist das überhaupt möglich? Und nächstes Jahr, wenn ich  mich dann endlich an das tropische Wetter gewöhnt habe, fliege ich wieder zurück ins eiskalte Deutschland. Toll.

Aber das wollt ihr ja wahrscheinlich alle gar nicht so genau wissen, deswegen fange ich mal an mit meinen Erlebnissen der letzten zweieinhalb Wochen an, bevor der Blogeintrag wieder zu lang wird, dafür, dass er noch gar nicht angefangen habe. Macht das Sinn? Nein? Egal.

Da ich den großen Teil des Tages in der Schule verbringe, beginne ich doch direkt mal damit. Meine Klassenkameraden sind wirklich unfassbar nett. Die meisten Jungs sind zwar sehr zurückhaltend zu mir, aber das machen die Mädchen auf jeden Fall wieder wett. Im Moment trainieren wir mehrere Tänze, die wir nächste Woche auf einem zweitägigen Ausflug zum berühmten Sonne-Mond-See vorführen werden. Die ganze Jahrgangsstufe kommt mit und ich hoffe wirklich, dass keine Fotos gemacht werden, denn die Taiwanesen stehen hier auf K-Pop und die koreanische Art zu tanzen, wovon ich mal überhaupt keinen Plan habe. Ein kleines bisschen bin ich stolz, dass ich mit meinen Klassenkameraden inzwischen größtenteils Chinesisch rede und sie mir fleißig helfen, mein Chinesisch zu verbessern.

Ein anderer wichtiger Teil meiner Freizeit, sind die anderen Autasuchschüler. Es ist unglaublich wie schnell man doch Schimpfwörter in verschiedenen Sprachen lernen kann. Nein Spaß. Ich kann meistens auch Hallo sagen. Jedenfalls treffen wir uns recht regelmäßig, laufen durch Städte, die größer sind, als Dounan und versuchen verzweifelt so tanzen zu lernen, wie die Brasilianerinnen. Ich finde es unmöglich, aber die französischen und mexikanischen Jungen scheinen mehr Talent im Arschwackeln zu haben, als wir anderen.

Vorletzten Freitag sind wir dann auf einen Halloweenmarkt in Douliu gefahren, Wie auch jeder andere Markt in Taiwan, bestand auch der hauptsächlich aus Essensständen. Man will ja nicht, dass Austauschschüler schlank zurückkommen, oder so. Wir waren auch in einem Geisterhaus, das ich im Endeffekt doch nicht so gruselig fande, weil ich am Ende der Gruppe war und immer wenn die Vorderen gekreischt haben, wusste ich, dass hinter der Ecke ein geschminkter Zombie oder so wartete.

 

Den Dienstag darauf, habe ich das erste Militärtraining meines Lebens bekommen. Während des ganzen Tages war ich zugegebenermaßen immer ein bisschen planlos, weil die ganzen Offiziere, Soldaten und so, nur auf Chinesisch herumgeschrien haben. Jedenfalls sind wir erst in den einzelnen Klassen nach Chiayi gefahren, zwanzig Minuten durch den Dschungel gewandert, um zu einem Platz zu gelangen, wo wir Austauschschüler mal wieder nach vorne geholt wurden. Dort wurde uns ein Helm, eine schussichere Weste und eine Zielscheibe in die Hand gedrückt und der gesamte Vorgang (leider in Chinesisch) erklärt. Dann wurden wir immer in Zehnergruppen zu dem eigentlichen Schießstand geführt, jeder hatte eine Art Tutor, der vorne an der Waffe saß und aufgepasst hat, dass wir nicht uns, oder jemand anderen aus Versehen anschießen. Davor mussten wir aber noch unter strengen Befehlen Haltung annehmen und vor- und zurücklaufen, was mich ziemlich gestresst hat, da ich echt keinen Plan hatte und immer noch alles auf Chinesisch war. Als wir dann dalagen, ist mir immer mein Helm vor die Augen gerutscht, was das Zielen ziemlich erschwert hat. Ich wusste, dass ich fünf Schuss hatte und ersten habe ich auch noch gezielt, aber weil ich das Gefühl hatte, alle würden auf mich warten, habe ich einfach nur noch abgedrückt. Danach mussten wir im Laufschritt zu den Zielen laufen und dann im Bogen zurück zum Platz, während die Nächsten schießen mussten und in genau diesem Moment gingen natürlich meine Schnürsenkel auf. Ich dachte echt, dass ich vor all den hochoffiziellen Militärtypen und der versammelten Stufe hinfliegen würde, aber irgendwie habe ich es doch noch geschafft nicht zu stolpern. Näturlich wurde danach mit den Austaschschülern und den wichtigsten Männern ein Foto gemacht (das ich euch nicht zeigen kann, weil ich es nicht habe), bevor wir unsere Westen weitergegeben haben. Am Ende hat sich herausgestellt, dass ich mit einem einzigen Treffer die beste Austauschschülerin und besser als die meisten meiner Klassenkameradinnen war. Auf jeden Fall werde ich diesen Tag wohl nicht so schnell vergessen.

 

Und noch zwei kleine Erlebnisse:

1. Gestern habe ich so ziemlich den besten Kaffee in meinem recht kurzen Leben getrunken. Das war in Gukeng, wo die Bohnen angebaut wurden und so professionell aussehende Typen haben den dann nach einer genauen Prozedur hergestellt. Ich habs auch probiert, aber weil irgendwie mein Wasser zwei Grad zu warm war, wurde der ein bisschen sauer.

2. Heute haben Kam (die Amerikanerin auf meiner Schule) und ich nach Schulschluss Ausländer im MacDonalds gesehen. Weil das die ersten Nicht-Asiaten waren, die wir je in Dounan gesehen haben, sind wir hingegangen und haben gefragt, wie zum Teufel sie sich denn nach Dounan verirrt haben. Die Holländer haben dann bestätigt, dass sie nur auf der Durchreise sind und hier gar nichts machen wollen. Ich glaube zwar, dass sie nur halb so aufgeregt waren, wie wir, aber sie waren trotzdem sehr nett. Wahrscheinlich waren sie noch nicht so lange auf Nicht-Taiwanesen-Entziehungskur. Für uns war es einfach etwas Besonderes, weil hier absolut alles Asiaten sind und es immer mega spannend ist zu erfahren, was denn andere Europäer oder Amerikaner so in Taiwan machen. Irgendwie ist das so ähnlich, wie  Motorradfahrer, die sich immer gegenseitig grüßen, indem sie kurz die Hand vom Lenker heben.

 

Das war es jetzt auch schon so ziemlich mit meinem Blogeintrag. Ich hoffe euch hat gefallen, was ich so zu erzählen habe. Im Moment bin ich ziemlich zufrieden, allerdings habe ich ein bisschen Angst vor Weihnachten, weil das einfach der wichtigste Feiertag für mich im Jahr ist und ich hier in Taiwan in die Schule gehen muss. Aber das wird schon. Ich freue mich natürlich immer über Kommentare, Anmerkungen oder Verbesserungsvorschläge.

 

再見!

Eure Elena :)